Aus dem Bauch heraus.

Mich jeden Morgen mit mir, meiner Umwelt und den Sternen zu verbinden, gibt mir Ruhe und Kraft. Es hilft mir, meine (kreativen) Impulse wahrzunehmen, zu sortieren und ihnen zu folgen. Denn obwohl ich ein sehr zielorientierter Mensch bin, struggle auch ich oft im Alltag – durch zu viele Wahrnehmungen, Emotionen, durch zu wenig Schlaf und zu viele Gedanken. Mentale Gesundheit ist daher ein sehr wichtiges Thema für mich und ich habe lange nach den richtigen „Werkzeugen“ für mich gesucht. Seit anderthalb Jahren beschäftige ich mich nun aktiv mit dem Tarot und der Astrologie und stärke so täglich das Band zu meiner Intuition. Mein Wunsch ist es, durch meine Arbeit auch andere Menschen zu inspirieren, wieder mehr auf ihr Bauchgefühl zu hören. Damit auch sie ihre eigene individuelle Geschichte erzählen.

Dafür schreibe ich diesen Blog.

2024-07-16

Von Horizonterweiterung und davon, sich selbst nicht zu verlieren

Reise_HSP_Saskia-Diederichsen.jpg

Anfang Juni erhielt ich eine E-Mail mit einer Einladung nach Stuttgart für eine Lesung meines neuen Buches „Agent Einbein – Drei schräge Vögel ermitteln“. „Großartig!“, dachte ich. „Nach Stuttgart – wie toll!“

Dann machte sich die Aufregung in mir breit. Die Aufregung, mein Buch in Stuttgart im Rahmen einer Veranstaltung vorstellen zu dürfen. 
Und die ängstliche Aufregung vor der Reise dorthin.

„Ist doch kein Problem“, beruhigte ich mich selbst. Oder?
Meine Gedanken verselbstständigten sich mal wieder und meine Emotionen stolperten wie immer blindlings hintendrein.

Nur warum?

Weil das Reisen für mich eine Herausforderung darstellt. Dabei liebe ich es, andere Länder zu entdecken: ihre Kultur, ihre Sprache, ihre Geschichte, das Essen. Und wenn ich erst einmal angekommen bin, ist meistens auch alles gut. Doch der Weg dorthin ist eine Hürde, die ich am liebsten großzügig umgehen würde. 

Scotty, beam me up! Wie oft habe ich mir dies bereits gewünscht und muss doch immer wieder der Realität ins Auge sehen. Der physischen Wandel per Fingerschnipsen funktioniert nur in der Fantasie und das Krümmen der Zeit beherrsche ich auch noch nicht. Also bleibt nur der konventionelle Weg – für mich gleichbedeutend mit der Bahn. Klar, denkst du jetzt, ich bekomme auch immer ganz schwitzige Finger, wenn ich an das Reisen mit der Deutschen Bahn denke. Joah, auch wieder wahr. Aber mit den ewigen Verzögerungen, Ausfällen und Fehlinformationen der Bahn hat meine Hürde nur am Rande was zu tun. (Sind wir mal ehrlich: diese außerplanmäßigen Herausforderungen planen wir doch alle mittlerweile mit ein, oder?!)

Das, was mir zu schaffen macht, ist leider etwas essentieller. Es sind all die vielen Eindrücke, Einflüsse und Reize, die mein Nervensystem im Hochbetrieb laufen lassen. Denn ich zähle mich zu den 20 Prozent erhöht wahrnehmenden Menschen, die es weltweit gibt. Diese Personen, die Elaine Aron Mitte der 1990er Jahre als Hochsensible benannte, nehmen die Welt intensiver wahr und nehmen somit mehr Informationen und Impulse auf, als ein durchschnittlich wahrnehmender Mensch. Geräusche, Gerüche, körperliche Bedürfnisse wie Hunger und Müdigkeit aber auch Emotionen werden deutlicher registriert. Diese Fähigkeit ist grundsätzlich etwas positives, so wie auch der Wesenszug der Hochsensibilität vorwiegend als Stärke betrachtet werden kann. Denn auch die schönen Seiten des Lebens werden intensiver wahrgenommen. Liebe, Empathie, Kunst, Musik – diese ästhetische Sensitivität könnte sogar eine Erklärung dafür sein, dass sich in künstlerischen und sozialen Berufen besonders viele erhöht Wahrnehmende tummeln. 

Aber es gibt eben auch die Schattenseite, die durch das gröbere Filtersystem des sensiblen Nervensystems noch verstärkt wird. Zur Erklärung: Eindrücke und Reize werden normalerweise von unserem Gehirn als wichtig (bitte speichern!) und unwichtig (schnell wieder vergessen!) sortiert. Bei Hochsensiblen ist dieser Filter zwar da, jedoch weitaus gröber. Die Folge sind eine größere Aufnahme von Informationen in kürzerer Zeit und somit eine Über-be-lastung des Nervensystems. Das Fass ist voll – und läuft über. Leider habe ich diese Erfahrung schon des Öfteren selber erleben müssen. In besonders schwierigen Zeiten (als ich noch nichts von diesem Wesenszug wusste und alles fein ignoriert habe, was mein Körper mir verzweifelt mitteilte) führte die Überlast zu einem radikalen Veränderungsprozess meines Berufslebens – und der Bruch mit einigen Menschen. Ein wahrer Turm-Moment, aus der Sicht des Tarot betrachtet. Doch dazu gibt es ein anderes Mal mehr.

Zurück zur Reiseangst, die heute eigentlich keine mehr ist. Es ist eher die Angst vor zu vielen Eindrücken und Reizen und der Gewissheit, dass ich unterwegs nicht so handeln kann, wie ich es normalerweise tun würde. Hier zuhause, in meiner kuscheligen Komfortzone. Mein Rückzugsort, von dem aus ich arbeite, lebe, liebe und träume. zum Beispiel von weiten Reisen und neuen Erfahrungen, denen ich nur begegnen kann, wenn ich die vermeintlich sicheren vier Wände verlasse. Vor einiger Zeit, als das C die Welt aus den Angeln hob, habe ich mich sogar soweit in mein Schneckenhaus zurückgezogen, dass das wieder Hinausgehen mit – zum Glück nur leichten –, Panikattacken begleitet wurde. 
Noch heute gehe ich ungerne Lebensmittel einkaufen, da mich die schiere Auswahl zur Verzweiflung bringt (ganz ehrlich: wer braucht 25 Joghurtsorten, 36 Müslipakete und das ständige Abwägen von Bio in Plastik oder Konventionell als lose Ware. Von dem ewigen Gedudel aus den Lautsprechern und aufdringlichen Einkaufswagenschubsern an der Kasse ganz zu schweigen!!!) Und doch habe ich in den letzten sieben Jahren stark an mir gearbeitet. Besser gesagt, abgearbeitet. Schicht um Schicht durfte mit Hammer und Meißel (oder auch mal Schmirgelpapier) weichen, was nicht zu mir gehört. Es durfte entdeckt werden, wer ICH eigentlich bin und was ICH möchte. Und ich dufte lernen, die Hochsensibilität als Stärke zu nutzen. Für meine Bilder, meine Geschichten und meine Visionen. Ich habe mich mit Spiritualität beschäftigt und nutze seit Anfang Januar 2023 das Tarot als Reflektionstool, um meinem Kern und meinen Zielen immer ein Stück näher zu kommen. Und dazu gehört auch, keine Angst vor Überforderung mehr zu haben. Unterstützung finde ich außerdem in diversen Hilfsmitteln, die mir eine Reise angenehmer gestalten (meine Top 10 findest du am Ende des Beitrags).

Habe ich also keine Angst mehr? 

Mmh, das wäre schön. Angst entsteht jedoch im Kopf und erzählt uns Geschichten von Versagen und Konflikten. Ich habe jedoch gelernt, nicht alles zu glauben, was ich denke. Zu hinterfragen und die Botschaft hinter der Angst zu erkennen. Und eigentlich will mich mein Kopf jedes Mal nur davor warnen, meine sichere Komfortzone zu verlassen und sich nicht ins Abenteuer zu stürzen. Und ich beruhige ihn dann und erzähle ihm, wie aufregend so ein Abenteuer doch sein kann. Und dann nickt er und sagt: du hast mal wieder recht. Was bin ich doch für eine Hasenpfote.

Das Fazit: 
Die Lesereise habe ich natürlich zugesagt und freue mich sehr darauf, im nächsten Jahr in Stuttgart vor den Kindern zu lesen. 
Ich schreibe meine Geschichten nämlich nicht, um sie dann alleine in die Welt zu schicken und Spaß zu haben. 
Den will ich nämlich auch ;-)

Noise-Canceling.png
Meine Top 5 Hilfsmittel für eine ”angstfreie“ Reise:

1. Reize ausblenden: Die Anschaffung eines Noise-Cancelling-Kopfhörers hat das Reisen für mich enorm verändert. Das Abmildern der akustischen Reize auf dem Hauptbahnhof oder im Zug war eine Offenbarung für mich. Der Vorteil dieser Technik ist außerdem, dass wichtige Informationen noch immer gehört werden. Mit einem Podcast oder einer guten Geschichte auf den Ohren kann ich mich besser auf mich konzentrieren und alles andere Fast ausblenden.

2. Struktur & Flexibilität: Eine gute Reiseplanung ist zwar nützlich und wichtig, hilft aber nur geringfügig, um die Stimmen im Kopf und unangenehme Gefühle zu beruhigen. Sich grundsätzlich flexibel auf eine Reise einzustellen und zu begreifen, dass man nichts kontrolliere kann, macht jedoch einen großen Unterschied. Also lieber etwas mehr Zeit einplanen (da die DB eh macht, was sie will) und gegebenenfalls einen Plan B im Kopf haben. Denn eigentlich gibt es doch immer eine Lösung, oder? 

3. Fokus halten: Ich habe die Beobachtung gemacht, dass es mir leichter fällt, mich herausfordernden Situationen zu stellen, wenn ich den Fokus auf etwas oder jemanden halten kann. Wenn ich mit einer Kollegin unterwegs bin, kann dies ein Gespräch sein. Bin ich alleine, unterstützt es mich z. B., wenn ich die erwähnten Kopfhörer trage und einen Podcast oder entspannende Musik höre, oder aber leise summe, da ich mich dann selbst wahrnehme. Manchmal singe ich auch (*grins*). Hilfreich sind auch kleine Gegenstände, die man in der Hand/Hosentasche trägt und mit dem man „spielen“ kann – also zum Beispiel ein Schlüssel oder ein Heilstein (Besonders geeignet sind Schörl und Lepidolith!). So bleibt man bei sich und wird nicht so leicht von den Außenreizen überschwemmt.

4. Körpersignale ernst nehmen: Wie bereits erwähnt, nehmen Hochsensible auch Körpersignale wie Hunger, Durst und Müdigkeit intensiver wahr, als der restliche Teil der Bevölkerung (immerhin fast 80 %). Nimm diese Signale also ernst und plane entsprechend Pausen ein, habe genug nährendes und gesundes Essen dabei und von allem genug zu trinken. 

5. Heimat einpacken: Abenteuer erleben klingt super, aber ein Stückchen der persönlichen Komfortzone einzupacken, kann einen großen Unterschied machen. Was darf in deinem Koffer also nicht fehlen, was dir ein gutes Gefühl vermittelt oder eine Routine berücksichtigt? Für den einen ist es das eigenen Kopfkissen oder der Lieblingspulli. Für den anderen ein besonderer Duft oder das Journal. Für mich persönlich sind es mindestens ein Tarotdeck und mein schwarzer Tee, den ich jeden Morgen trinke. Die Karten haben schon so einiges Schmunzeln abbekommen, aber am Ende waren meine Kollegen doch immer überrascht über die treffenden Botschaften des Tarot. Und ich habe so die Möglichkeit, meiner morgendlichen Routine treu zu bleiben.
Übrigens: wenn möglich nehme ich mir auch gerne ein schönes Hotelzimmer. Denn Rückzug ist für Hochsensible essentiell. Denn nur so können die vielen Reize des Tages verarbeitet werden und wieder Platz gemacht werden für die neuen Eindrücke der Reise. Schaff dir also Freiraum, wo immer es geht!

Hast du auch noch einen Tipp für angenehmeres Reisen (als Hochsensible)? Oder hast du vielleicht Fragen zum Thema Hochsensibilität, meine Alltag als Autorin und Illustratorin, Lesungen oder sogar zum Thema Spiritualität? Ich freue mich auf deine Fragen und einen angenehmen Austausch.

Deine Saskia

Admin - 15:27 @ Allgemein, Autorenalltag | Kommentar hinzufügen